Fight - flight - freeze - fawn - flirt - fiddle: Was ist deine Konfliktstrategie?

 5 automatische Reaktionsweisen in Stress- und Konfliktsituationen, die nicht hilfreich sind

Kampf, Flucht, Erstarren, Bindung, Ablenkung - welcher Typ bist du?

Wie oft erleben wir, dass wir in bestimmten Situationen ganz anders reagieren, als wir gern würden. Und hinterher ärgern wir uns, dass wir laut geworden sind, geschwiegen haben, nichts gesagt haben, und und und. 

Das Problem ist, dass diese Reaktionsmechanismen als automatisierte Kurzzeit-Reaktionsprogramme in uns abgespeichert sind.

Erkennt unser Stammhirn eine Gefahr, schaltet es das denkende Großhirn in den Stand-by-Modus und nutzt alle zur Verfügung stehenden Ressourcen für die Aktivierung der Verteidigungsreflexe. Welche Reflexe in uns ausgeprägt sind, ist nicht nur frauen- bzw. männerspezifisch. Es ist eine Frage der Persönlichkeit und der Biografie.

Die bekanntesten sind die Flucht- oder Kampfreflexe (fight or flight). Doch so simpel ist es nicht.

Ein weiterer Reflex ist z.B. die Starre (freeze/fright).

Das Erstarren tritt ein, wenn Kampf oder Flucht unrealistisch sind und die Situation ausweglos scheint, und nur ein Sich-Ergeben bleibt. Die Fähigkeiten des Denkens und Schmerzempfindens werden erheblich reduziert, was Erinnerungen an das Erlebte im Nachhinein sogar auslöschen kann.

Die Unterordnung (fawn) ist eine Freundlichkeits-Taktik, um Konflikte zu vermeiden. Es ist der Versuch, durch Nettsein und ein Sich-Anpassen eine Bindung zum Aggressor aufzubauen und ihn so zu beruhigen.

Aus der Hundepsychologie kennen wir noch die Reaktionsformen der Ablenkung, das „flirt“ und „fiddle“.

Flirten ist eine besondere Form der Bindungstaktik, den/die Anderen zum Spielen aufzufordern und so von der eigentlichen Aggression abzulenken.

„Fiddle“ beschreibt das Reagieren mit Übersprungshandlungen, nach dem Motto: „Ich weiß jetzt nicht, was ich tun soll, also mache ich ganz etwas anders.“

 

Fight: Erfolgsstrategie Kampf

Diese Persönlichkeitstypen haben einen starken Willen und können diesen auch zeigen, ebenso wie ihre Grenzen. Sie haben einen ausgeprägten Selbstschutz, sind durchsetzungsstark und mutig.

Aus Angst vor Kontrollverlust neigen sie zu Kontroll- und Herrschsucht, Arroganz und Narzissmus. Ihre Ungeduld und Impulsivität leben sie in Vorwürfen, Beleidigungen, Schuldzuweisungen und Mobbing aus. Sie können aktive oder passiv, verbal oder körperlich aggressiv werden und tyrannisch sein.

In Stresssituationen geht es meist um Beruhigung und den Abbau der starken Energie:

  • Atemübungen
  • beruhigende Rituale
  • das Entwickeln von Routinen
  • Achtsamkeitsübungen
  • Sport zum Ausagieren von aufgestauten Energien.

 

Flight: Erfolgsstrategie Flucht

Diese Persönlichkeitstypen sind fleißige, effiziente und beharrliche Personen, die keine Bühne brauchen und sich auch zurückziehen können.

Kommen sie in Kontakt mit ihrer Angst, verlassen/isoliert zu werden, reagieren sie grüblerisch, hastig, panisch, übertrieben geschäftig. Sie neigen zu Workaholics, Perfektionismus und Zwangsverhalten und können nicht still sitzen. Wird es ihnen zu gefährlich, brechen sie den Kontakt ab.

In Stresssituationen geht es meist um Entspannung:

  • Muskeln bewusst lockern, Schultern bewusst nach unten
  • Entspannungsübungen
  • etwas Warmes trinken oder etwas knabbern (um den Körper schnell zu erden)
  • langsame Bewegungen
  • Kontakt mit Menschen und/oder Tieren, die positiven Einfluss haben (Ausschüttung von Endorphinen und Serotonin).

FreezeErfolgsstrategie Erstarren

Diese Persönlichkeitstypen sind höchst aufmerksame, präsente, friedliebende und achtsame Menschen. Sie sind jederzeit einsatzbereit und lieben die Ruhe und Entspannung.

Wird es für sie gefährlich, werden sie verschlossen und ziehen sich in sich zurück. Sie finden keine Worte mehr, spüren eine innere Blockade und können ihre Meinung oder Wünsche nicht mehr ausdrücken. Sie steigen aus der Realität aus, neigen zu Dissoziationen und Tagträumen, entwickeln eine Taubheit gegenüber ihren eigenen Gefühlen und Bedürfnissen und wandern aus Angst, ihre Bedürfnisse zu äußern, in ein Einsiedlerdasein ab.  

In Stresssituationen geht es meist um Schutz:

  • See Red: den Raum langsam nach roten Objekten scannen und sich gedanklich vorsagen, was man sieht („roter Stuhl“…), 5x wiederholen.
  • 5-4-3-2-1: Sich in Gedanken vorsagen: 5 Dinge, die man gerade sehen kann, 4 Dinge, die man hören kann, 3 Dinge, die man spüren kann, 2 Dinge, die man riechen kann, 1 Ding, das man schmeckt (Geschmack im Mund). 3x wiederholen

 

Fawn: Erfolgsstrategie Bindung

Diese Persönlichkeitstypen sind ausgesprochen fürsorglich, hilfsbereit, fair und kompromissfähig. Sie können sehr gut zuhören und eigene Fehler eingestehen.

Sie haben ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit und haben Angst, dass andere böse auf sie werden, und schützen sich davor mit Unterordnung, Perfektionismus, ausgeprägter Ja-Sager- und Helfer-Dynamik. Sie nehmen die Bedürfnisse anderer wichtiger als ihre eigenen und versuchen, es allen recht zu machen. Sie neigen dazu, sich anzupassen, sich selbst klein zu machen und ständig zu entschuldigen. Sie fühlen sich nicht gesehen und sehnen sich nach Bestätigung anderer (Co-Abhängigkeit). Aufgrund ihres Harmoniebedürfnisses haben sie ständig eine Erklärung für die Fehler und Grenzübertretungen anderer.

 In Stresssituationen geht es meist um Sicherheit:

  • In Gesprächen Metaebene (Vogelperspektive) einnehmen und überprüfen, was ist mein Standpunkt, was sind meine Bedürfnisse und was meine Grenzen?
  • Tief ein- und ausatmen
  • Zusagen verzögern (nicht sofort antworten sondern 1 Stunde, 1 Tag Bedenkzeit einbringen)

 

Flirt & Fiddle: Erfolgsstrategie Ablenkung

Charme und Kreativität sind die Charakterzüge dieser Persönlichkeitstypen. Sie sind im Stande zu Out-of-the-Box-Thinking und Perspektivenwechsel wie keine anderen.

In schwierigen Situationen ist ihre Strategie die Ablenkung. Mit Übersprungshandlungen (nervöse Ticks, Kratzen, Gähnen, Spielen mit dem Kugelschreiber….) und spontanen Themenwechseln, Witze oder Anekdoten erzählen versuchen sie, der Konfrontation zu entgehen, ihre Unbehaglichkeit abzubauen und sich selbst zu beruhigen.

In Stresssituationen geht es meist um Freiheit:

  • Achtsamkeits- und Konzentrationsübungen
  • den Wert in Dingen und Entscheidungen entdecken
  • Angst vor Verbindlichkeit verstehen und lösen

 

Ein Blick hinter die Kulissen: Worum es hinter diesen Mechanismen mental, emotional und intuitiv geht

Hinter all diesen Reaktionsmechanismen steckt Angst.

Wir reagieren nicht immer so, sondern nur in Situationen, die unser Stammhirn als gefährlich einstuft. Sonst würde es unser Großhirn nicht vorübergehend ausschalten und dieses könnte ein anderes Verhaltensprogramm wählen.

 

Wovor also haben wir Angst?   

Wir haben im Laufe unseres Lebens durch Prägung und Erfahrung gelernt, auch vor Situationen Angst zu haben, die per se nicht gefährlich sind: 

  • Angst davor Fehler zu machen
  • Angst zu versagen
  • Angst vor Enttäuschung oder davor zu enttäuschen
  • Angst, bloßgestellt zu werden
  • Angst, schwach zu erscheinen
  • Angst, nicht beachtet und nicht geachtet zu werden
  • Angst, jemanden oder etwas von Bedeutung zu verlieren

Natürlich geben wir das nicht zu, denn damit würden ja schon Angst Nr. 4 und 5 aktiv.

Diese Ängste betreffen uns alle. Jede/n. Auf der ganzen Welt. Die eine mehr, die andere weniger. Wer keine davon kennt, hat sie gut in seinem/ihren Unterbewusstsein versteckt. Dennoch lenken sie uns von dort aus unbewusst weiter - unbewusst auf mentaler und emotionaler Ebene.

Intuitiv spüren wir, dass diese Ängste ungesund, eine Täuschung, eine Einbildung sind. 

Intuitiv ist uns vollkommen klar, dass es nicht darum gehen kann, wie wir lernen, Kämpfer noch besser zu bekämpfen oder Flüchter noch schneller zu einzufangen.

In Wahrheit liegt die Lösung nicht darin, Fehler, Versagen, Enttäuschung,… zu vermeiden und unsere ungeliebten Reaktionsmuster noch besser zu kontrollieren.

Die Lösung liegt darin, die Bedürfnisse hinter unseren ungeliebten Reaktionsweisen und unseren Ängsten zu verstehen und sie achtsam und leben zu lernen. Indem wir dahinterliegende Bedürfnisse wahr und ernst nehmen, verlieren die Ängste und damit auch die Reflexe an Bedeutung und werden nicht mehr gebraucht. 

   

wissen wie. widmann wirkt.


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