Diskriminierung, Belästigung, Mobbing: Weil es eben kein Spaß ist!

Das war doch nur Spaß! Das war doch nicht so gemeint!
Jetzt sei halt nicht so sensibel! Was du immer hast.
Du verstehst ja gar keinen Spaß mehr. Du Spaßbremse.

 

Belästigungen, Diskriminierungen, Mobbing: weit verbreitet und oft geduldetet 

Bringen wir vorab Klarheit in die verschiedenen Begriffe:

Ungleichbehandlung ist eine Sammelbezeichnung für unangemessenes und ungerechtfertigtes (verbales oder non-verbales) Verhalten gegenüber Personen oder Gruppen aufgrund verschiedener Merkmale und Vorurteile.

Diskriminierung ist die Ungleichbehandlung einer Person durch ein nicht gleich behandelndes Verhalten, eine Vorschrift oder Maßnahme und ohne einen sachlichen Grund, der diese Ungleichbehandlung rechtfertigt (entweder eine wiederholte oder auch einmalige schwerwiegende Diskriminierung).

Belästigungen sind unerwünschte individuelle Handlungen, die die Verletzung der persönlichen Würde oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines/r Anderen zur Folge hat (bewusst oder unbewusst) – auch hier entweder eine wiederholte oder auch einmalige schwerwiegende Handlung.

Von Mobbing spricht man bei einem wiederholten systematischen Vorgehen verbaler oder non-verbaler Angriffe oder Ausgrenzung durch eine oder mehrere Personen über einen längeren Zeitraum (mehrere Monate) – mit einem offensichtlichen oder auch nicht offensichtlichen Motiv.

Und jede dieser Formen ist ein Verstoß gegen geltendes Gesetz.

Das regeln die Menschenrechtskonvention und das österreichische Gleichbehandlungsgesetz. Beide besagen, dass niemand aufgrund von geschlechts- oder altersspezifischen Kriterien, ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit, Hautfarbe, Sprache, politischer oder sonstiger Weltanschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, sexueller Neigung oder Orientierung oder Behinderung benachteiligt werden darf. In Unternehmen sind diese Punkte darüber hinaus in den Betriebsvereinbarungen formuliert. 

Diskriminierung, Belästigung, Mobbing frühzeitig erkennen

Ungleichbehandlung kann in verschiedenen Formen auftreten: unmittelbar und direkt sind sie am leichtesten zu erkennen. Das sind z.B. verbale Witzeleien und lustig gemeinte beleidigende Spitznamen bis hin zum Verbreiten von Gerüchten oder drohenden und einschüchternden Aussagen. Nonverbale Symptome können körperliche Grenzüberschreitungen sein (das Überschreiten der persönlichen Distanzzone) oder auch abwertendes Verhalten in Mimik und Gestik (Augenrollen, Nase rümpfen....). Auch Ignoranz und das Ausschließen von Personen gehören hier dazu. 

Im Arbeitsverhalten können das Zurückhalten von Informationen oder Fehlinformationen sowie unverhältnismäßig aufgeteilte Aufgaben, sinnlose oder kränkende Aufgaben sowie ein sachlich ungerechtfertigt gehäufter Rapport ein Zeichen von Ungleichbehandlung darstellen.

Sexuelle Belästigung beginnt mit sexuellen Anspielungen, Anstarren, anzüglichen Witzen, Hinterherpfeifen, unpassenden Bemerkungen über die Figur oder Kleidung, sexuellen Äußerungen und unerwünschten Einladungen mit deutlicher Absicht, sexuell orientierten Bildern am Arbeitsplatz (Kalender, Handy, PC,...), dem Versprechen von beruflichen Vorteilen bei sexuellem Entgegenkommen.... 

 

Die Frage nach der Schuldhaftigkeit: Ab wann ist es Diskriminierung/Belästigung/Mobbing?

Nicht hinter jedem genannten Verhalten liegt ein gezieltes diskriminierendes, belästigendes oder mobbendes Verhalten. Oft sind sich die "TäterInnen" der Wirkung ihrer Worte und Handlungen gar nicht bewusst. Diskriminierung muss schuldhaft erfolgen. Das bedeutet, die Person muss sich ihres diskriminierenden Verhaltens bewusst sein. Daher ist es essenziell, dass Betroffene sich klar äußern, dass das Verhalten, das sie erleben, diskriminierend, belästigend oder mobbend ist. Ohne Beschwerde keine Handhabe.

Anders bei sexueller Belästigung. Hier gibt es keine Grauzone. Ein einmaliger Vorfall reicht, und es braucht keine Beschwerde.

 

Tabu-Verhalten beruflich und privat am Vormarsch?

Diskriminierung, Belästigung und Mobbing ist nichts Neues. Das hat es schon immer gegeben. Und wir alle kennen solche Vorfälle, entweder weil wir sie selbst erlebt haben, weil wir sie beobachtet haben, oder weil wir erkannt haben, dass auch wir schon einmal jemanden diskriminiert, belästigt oder vielleicht auch gemobbt haben. Was allerdings anders ist, ist die Wahrnehmung solcher Vorfälle und die Einstellung dazu. Sie gelten nicht mehr als Kavaliersdelikte, die zum beruflichen, schulischen oder privaten Alltag gehören, und die man über sich ergehen lassen muss. Nein. Die Gesellschaft verändert sich, ihre Werte und Gesetze. Solche ethischen und moralischen Übertritte sind mittlerweile gesetzeswidrig und damit strafbar. 

Das zeigt sich auch in den Statistiken: Seit die Anti-Diskriminierungsstelle NÖ 2005 Beschwerdefällen in den verschiedensten Lebensbereichen von staatlichen und privaten Stellen nachgeht, ist die Anzahl der Beschwerden um das Zehnfache gestiegen. Als Hauptdiskriminierungsgrund werden Behinderungen angeführt (38,8%), gefolgt von Geschlecht und Ethnie (je ca. 17,5%) sowie Alter, sexuelle Orientierung, Religion und Weltanschauung und Mehrfachdiskriminierungen.    

 

Entstehung und Dynamik von Ungleichbehandlung jeder Art

Diskriminierung, Belästigung und Mobbing fußen auf bewussten oder unbewussten Denkmustern und vorgefassten Meinungen bzw. (Vor-)Urteilen gegenüber bestimmten Personengruppen. Diese Denkmuster und Beurteilungen spiegeln sich in unserem Verhalten wieder. Dabei ist auch die Persönlichkeitsstruktur ausschlaggebend.

"VerursacherInnen" sind tendenziell eher macht- und dominanzorientiert, autoritär, sich selbst erhöhend, in ihrem Verhalten unreflektiert. "Betroffene" sind meist eher hilfsbereit, konfliktscheu, wollen es anderen recht machen und fühlen sich schnell ungerecht behandelt. 

Ich spreche an dieser Stelle ganz bewusst NICHT von "TäterInnen" und "Opfern", da diese Begriffe schon sehr stark besetzt sind, und in meiner langjährigen Mediationserfahrung beobachten konnte, dass vielen vermeintlichen "TäterInnen" ihr Verhalten überhaupt nicht bewusst war - und sie im Gegenteil schockiert waren, welche Reaktionen ihre Aktionen bei anderen ausgelöst haben. Setzt ein/e "VerursacherIn" belästigende oder diskriminierende Handlungen bewusst, kann man sehr wohl von einem/r "TäterIn" sprechen  von Ungleichbehandlung, aber sicherlich für viele. Und auch der Begriff "Opfer" ist bereits stark negativ besetzt. Niemand will in diese Kategorie fallen, die sich schwach und hilflos anfühlt. Daher habe ich für meine Arbeit und Schulungen andere Begriffe gewählt.

Ein Nichtansprechen der Kränkung sowie ein betont lockerer Umgangston (beruflich oder privat) und ausbleibende Reaktionen von BeobachterInnen schüren die Dynamik von Diskriminierung, Belästigung und Mobbing. Werden die VerursacherInnen bzw. TäterInnen in ihrem Vorgehen nicht zurechtgewiesen oder aufgehalten, werden die Verhaltensweisen zur Gewohnheit und im schlimmsten Fall sogar gesteigert.

Für die Betroffenen bedeutet das eine extreme mentale, emotionale und auch körperliche Belastung. Je länger die Situation andauert, umso eher kommt es auch zu körperlichen Symptombildungen (u.a. Schlafstörungen, Verspannungen, Magen- und Darmproblemen, Kopfschmerzen und Migräne, gehäufte Infekte, Angst- und Panikattacken).

Im Team, Freundes- oder Familienkreis entstehen offene oder verdeckte Loyalitätskonflikte und sichtbare oder schwelende Aggressionen bis hin zur Spaltung in mehrere Grüppchen. 

 

"Richtiges" Verhalten im Ernstfall

Beruflich oder privat: Anhaltendes diskriminierendes und kränkendes Verhalten hat zerstörerische Auswirkungen.
Egal ob es der laufende Schmäh des Kollegen, der auflockernd gemeinte Witz der Führungskraft, das lustig gemeinte Sticheln des Großvaters ist. Verhalten, das nicht wertschätzend ist, muss, kann und soll nicht mehr geduldet werden. Egal ob es mich selbst oder andere, Kinder oder Erwachsene trifft, egal ob es in der Familie, in der Schule, im Freundeskreis, im Job passiert: Wenn wir merken, dass jemand sich kränkt oder Aussagen nicht lustig findet, ist es wichtig, nicht mehr wegzusehen. 

Was Betroffene tun können:

  • Klar und deutlich „Stopp“ sagen
  • Fehlverhalten respektvoll und bestimmt ansprechen - ohne Rechtfertigung oder Erklärung!
  • Verursacher/in auffordern, dieses Verhalten sofort zu unterlassen
  • Vorfall, Datum, Ort, Zeitpunkt, Anwesende präzise dokumentieren (Mobbing-Tagebuch)
  • Anwesende direkt ansprechen und nach ihrer Meinung fragen (ZeugInnen finden)
  • beruflich: Vorgesetzte/Betriebsrat/HR informieren und Fürsorgepflicht erinnern, dass dieses Verhalten unverzüglich abzustellen ist
  • Externe Beratungsstellen in Anspruch nehmen und sich von ihrem Erfahrungsschatz helfen lassen

Was BeobacherInnen tun können:

  • Nicht wegsehen, wenn man ZeugIn eines Vorfalls wird
  • Selbstbewusstsein des/r Betroffenen stärken
  • Hilfe anbieten, sofern möglich
  • Keine eigenen Maßnahmen setzen, die nicht vom/von der Betroffenen erwünscht sind
  • Bereitschaft, als ZeugIn zur Klärung der Situation beizutragen
  • Solidarität und Zivilcourage zeigen und bekunden, dass man mit diskriminierendem Verhalten nicht einverstanden ist

 Wozu Führungskräfte im beruflichen Kontext verpflichtet sind

  • Führungskräfte haben Fürsorgepflicht (Schutz vor Diskriminierung und sexueller Belästigung)
  • Beschwerden IMMER ernst nehmen und vertraulich behandeln
  • Unmittelbar Maßnahmen zur Beendigung der Diskriminierung bzw. sexuellen Belästigung setzen (andernfalls kann Unternehmen für Schadenersatzleistungen belangt werden)
  • Sachverhalt aufklären (respektvoll, rücksichtsvoll bleiben)
  • (vor-)urteilsfrei, neutral und wertfrei bleiben
  • Direkte Konfrontation zwischen VerursacherIn und Betroffenem/r vermeiden, wenn Betroffene/r das wünscht
  • Betroffenem/r den Rücken stärken
  • Klar kommunizieren, dass Diskriminierung und sexuelle Belästigung Straftaten sind
  • Auch ZeugInnen schützen (eindeutige Wertschätzung)
  • Null-Toleranz-Politik leben
  • Sensibilisierung für Ungleichbehandlung im Arbeitsalltag fördern

Kontaktstellen in Österreich

 

wissen wie. widmann wirkt.


Weiterführende Links:


 

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