Kitzeln statt Streicheln: Begegnung mit dem provokativen Ansatz

Es war wieder einmal Zeit, meine gewohnten Pfade zu verlassen und mich in einer neuen Methode ausbilden zu lassen: Meine Wahl fällt auf den provokativen Ansatz in der Beratung.

Und wer mich kennt, weiß, dass ich nichts in meinen Methoden-Pool aufnehme, was ich nicht vorher an mir selbst genauestens getestet und auch als sinnvoll und hilfreich erlebt habe. Ich muss überzeugt davon sein, dass eine Technik funktioniert, ehe ich sie in meinen Coachings und Beratungen anwende.

Provokativer Ansatz meets Personenzentrierte Systemikerin

Und da finde ich mich wieder – in einer Ausbildung im provokativen Beratungsansatz – und habe anschließend natürlich auch den Selbstversuch gewagt: in einer provokativen Therapiesitzung mit einem Thema, das mich schon länger beschäftigt; ein Stuck State Thema, das ich schon mit mehreren Techniken angegangen bin, aber bisher noch keine Lösung gefunden habe.

Und selbstverständlich konnte ich mir aufgrund meiner vorhergehenden Ausbildung ausmalen, was dort passieren wird. Mir war klar, dass ich mit überzogenen Aussagen provoziert werde und habe mir – wie wir BeraterInnen halt so sind 😄 – im Vorfeld überlegt, wie ich mit den Provokationen umgehen werde. Ich werde mich einfach so wenig als möglich provozieren lassen; im Nachhinein muss ich sehr über diese Strategie schmunzeln.

Die Strategie kommt natürlich – wie könnte es anders sein – von meinen persönlichen Erfahrungen mit Provokation in meiner Kindheit: Ich war als Kind eine schlechte Esserin und war Neuem gegenüber skeptisch, was mein Großvater gern mit den Worten „Wunderbar, bleibt mir mehr“ kommentierte. Ich hasste es. Natürlich versuchte er mich damit über den verlässlichen Trotz eines Kindes zu motivieren, es doch zu probieren, aber diese billigen Tricks habe ich damals schon durchschaut – und das Essen natürlich noch mehr verweigert. Also begegne ich dem provokativen Ansatz auch erstmal lieber skeptisch.

Ich blieb während der Sitzung trotz meines intensiven Themas so cool als möglich und ich war total verblüfft, weil die Technik trotzdem funktioniert – und wie.

 

Was passiert eigentlich beim provokativen Ansatz

In der provokativen Beratung wird quasi die Mauer abgeklopft, wo sie stabil ist und wo sie bröckelt. Und der lose Putz kommt erstmal herunter. Das ist manchmal unangenehm, dann wieder sehr absurd und lustig – ja hier darf auch sehr viel gelacht werden. Man kommt seiner Wahrheit näher, als es in der Geschwindigkeit mit anderen Techniken meiner Erfahrung nach nicht möglich ist. Man ist so schnell am Punkt und mit inneren Urteilen über sich, andere und die Situation konfrontiert, dass der Verstand gar nicht so schnell mit kann – und genau das ist das Heilsame daran.

Mehr als einmal frage ich mich während der Sitzung, ob die Therapeutin das, was sie da gerade über mich und meine Situation sagt, auch wirklich glaubt oder es Provokations-Technik ist – und das ist ja das „Fiese“ daran, ich könnte zwar nachfragen, aber ich weiß dann ja wieder nicht, ob die Antwort Provokations-Technik ist. 😄 Letztlich es es aber gleichgültig, da mit der Frage nur der Verstand beschäftigt ist, während die Methode zwischenzeitlich in der Gefühlswelt mächtig aufräumt.

Und ich werde nur mit Themen konfrontiert, die ich in Wahrheit sowieso über mich denke oder befürchte, dass sie wahr sein könnten. Die Erleichterung findet dadurch statt, dass die Themen einmal ausgesprochen am Tisch liegen und man sogar darüber lachen kann. Und das nächste Spannende ist, dass auch ich erlebe, was andere beschrieben haben: dass durch dieses liebevolle Durcheinanderwirbeln der Gefühlswelt und das punktgenaue Aussprechen von Wahrheiten innerlich so viel in Bewegung gerät, dass man nachher total verwirrt ist. Und genau das ist der beste Garant dafür, dass sich das System neu ordnet und sich die einen Denk- und Verhaltensweisen – und auch Ängste – plötzlich verabschieden, während andere neu entstehen.

Meine Quintessenz?
Ich bin hellauf begeistert.
Mit meinen bisherigen Beratungsmethoden bin ich gewohnt, die KlientInnen in ihrer Persönlichkeit und Entwicklung zu bestärken. Da war der provokative Ansatz für mein Berufsbild erstmal eine Irritation, allerdings erkannte ich, dass er ebenso wertschätzend und liebevoll an die Thematik herangeht, nur eben mit Humor und einer Prise Schalk - weniger streicheln, mehr kitzeln. Und ja, auch das kommt meiner Persönlichkeit durchaus entgegen. 😄

Selbstverständlich ist diese Technik nicht für jede Beratungssituation geeignet: Bei der Bewältigung von Krisen, Schicksalsschlägen und Trauerprozessen sind klarerweise andere Vorgehensweisen und Techniken gefragt. Wenn es aber zb um Problemlösung oder die Suche nach Antworten auf Fragen bzw. in Entscheidungsprozessen geht, oder man schon länger in festgefahrenen Situationen herumtümpelt, ist das eine hervorragende Technik, um das System einmal durcheinander zu wirbeln, um neue Klarheit und Ordnung im Innen wie im Außen zu schaffen.  

 

Das gefährliche Missverständnis beim provokativen Ansatz

Ich habe mittlerweile bereits mit vielen Personen über diesen provokativen Ansatz gesprochen und darüber, dass ich ihn auch in meinen Methoden-Pool aufnehme. Und egal ob KollegInnen oder Freunde, ich habe immer wieder die Antwort gehört: „Das mache ich ja eigentlich auch schon.“  

Und genau hier liegt die Krux und es ist ganz wichtig, das aufzuklären:

Es ist ein Unterschied, ob ich in einem Gespräch – egal ob freundschaftlich oder in BeraterInnen-Funktion – provoziere oder den provokativen Ansatz anwende.

Das Provozieren ist ein Rhetorikmittel.
Der provokative Ansatz ist eine Therapiemethode.

Provozieren kann man schnell.
Für den provokativen Ansatz braucht es mehr.

Da geht es nicht darum, einfach nur eine Provokation an die andere zu reihen.
Das beginnt bei der inneren Haltung dem anderen, seinem Thema und seiner Situation gegenüber. Dann gilt es, die verschiedenen Techniken zu erlernen und in der Beratung sinnvoll zu kombinieren.
Das Rhetorikmittel ist also weder in der Anwendung noch im Ergebnis mit dem provokativen Ansatz zu vergleichen.

Und das bringt mich auch zu meiner persönlichen Versöhnung mit meiner anfänglichen Skepsis. Was ich als Kind erlebt habe, war definitiv der wahrscheinlich liebevolle Versuch meinees Großvaters, mich mit seiner Provokation zum Essen zu bewegen, mit einem wenig befriedigenden Ergebnis für alle Beteiligten. Der provokative Ansatz arbeitet wertschätzend und schmunzelnd mit meinen inneren Blockaden und verhilft mir zu neuen Möglichkeiten.  

Wer die Technik einmal selbst erleben möchte, kann mich gerne kontaktieren und einen Termin vereinbaren.

Für alle Coaches und BeraterInnen, die mehr über die Methode erfahren möchten, werde ich im Rahmen des Sysmentalik-Ausbildungsprogrammes ein Seminar entwickeln, das einen Einblick in Technik und Praxis dieser Methode bietet.


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